Eröffnung: 8.Oktober 2019
Ausstellung: 9.-27. Oktober 2019
Öffnungszeiten Mi 9.–So 13., Mi 16.–So 20., Mi 23.–So 27.10., jeweils 15 bis 20 Uhr
Ort: Altes Kino im Sandleitenhof, Liebknechtgasse 32, 1160 Wien
SOHO in Ottakring wird von 9. bis 27. Oktober 2019 in der Ausstellung „Freie Meinung in Zeiten des Populismus“ Positionen der vier Künstler_innen Karolina Breguła, Miklós Erhardt, Lena Lapschina und Hansel Sato im Alten Kino des Sandleitenhofs zeigen.
Wenn Stimmen laut werden, die Demokratie „satt“ haben, weil die Vielfalt und die freie Meinungsäußerung der „falschen“ Leute lästig sind, dann wollen sie die Gesellschaft spalten und darüber bestimmen, wer nun auf
der „richtigen“ Seite am „richtigen“ Fuß im „richtigen“ Gewand steht. Welche Demokratie ist gemeint, über die so viel gesprochen wird? Ist es der freie Konsum? Freie Fahrt für freie Bürger_innen? Freiheit der Kunst?
Eine der wichtigsten Grundlagen in einer Demokratie ist die Meinungsund Versammlungsfreiheit. Aber in einer Welt der Online Medien und Online Netzwerke, in der Algorithmen bestimmen, welche Medien uns direkt erreichen, muss die Frage gestellt werden, ob wir noch von freier Meinungsbildung sprechen können.
Trickreich kann Demokratie ausgehöhlt und nationalstaatlich ausgelegt werden. Um Wachsamkeit nicht zu verlieren, bedarf es nicht nur einer kritischen Medienlandschaft und der Freiheit der Kunst, sondern auch
einer Auseinandersetzung mit anders denkenden Menschen. Warum ist das wichtig? Zuhören und Zusammenhänge besser verstehen ist das Eine. Verschiedene Sichtweisen, die immer auch mit unterschiedlichen
Lebensrealitäten in Zusammenhang stehen, kennenzulernen und nicht nur das: darüber zu streiten, ist das Andere. Wir nennen das lebendige Demokratie. Lebt sie nicht, verstummen die Stimmen oder werden zum
Verstummen gebracht. Eine grundlegende Bejahung von Vielfalt und das Tolerieren von anders Denkenden geht verloren.
In welchen Zusammenhängen Menschen auch leben, benötigt eine Gesellschaft ein Wir-Gefühl. Dieses Wir-Gefühl kann auf emotionaler Ebene manipuliert werden, so dass Halbwahrheiten, Fehlinformationen
und Hassbotschaften nicht nur konstruiert sondern auch schleichend akzeptiert werden. Sich andere Lebenswelten vorzustellen und sich auch damit auseinanderzusetzen ist aber ebenso wichtig wie eigene Interessen vertreten zu sehen. Wer darf nun an der Gestaltung der Zukunft mitwirken?
In 4 künstlerischen Positionen innerhalb der Ausstellung wird auch ein Blick über die nationalen Grenzen geworfen und soll eine Sensibiliserung für die Gefahren und Auswirkungen eingeschränkter Meinungsfreiheit,
auch im österreichischen Kontext, anregen.
Im Sinne von Kontinuität und Sichtbarkeit von SOHO in Ottakring ist die Ausstellung 2019 ein wichtiger Bestandteil, den Themenschwerpunkt von SOHO in Ottakring 2019/20 zu öffnen und in den Fokus zu bringen. Sie soll mit qualitativem künstlerischen Anspruch dazu einladen, sich mit dem Thema Kunst und Meinungsfreiheit auseinander zu setzen und Zugänge zu schaffen.
9.10., 18 Uhr
Gespräch und Rundgang durch die Austellung mit den Künstler_innen
Veranstaltungssprache: Englisch
11.10. 19 Uhr
Debatte „Welche Bedeutung hat freie Meinung in der heutigen Gesellschaft?“
Delna Antia- Tatic (das Biber), Michael Fleischhacker (Addendum) und Nina Horaczek (Falter)
Moderation: Michael Kerbler (Kombinat3)
Veranstaltungssprache: Deutsch
18. und 23.10., 17.30 Uhr
Kuratorische Führung durch die Ausstellung
23.10. 19 Uhr
Free Expression und Hate-Speech – Spurensuche in der städtischen Demokratie.
Hansel Sato im Gespräch mit Anthropologin Danila Mayer zum Eu-Projekt FreeEx.
Veranstaltungssprache: Deutsch
27.10., 15.30 Uhr
Kuratorische Führung durch die Assstellung
Das friedliche Leben einer kleinen Stadtgemeinde wird unerwartet von einem mysteriösen Objekt unterbrochen, das in den Büschen des Platzes versteckt ist. Man sagt, dass das Objekt eine alte vergessene Skulptur sei, übrig geblieben von einer vergangenen politischen Ordnung. Eines Tages beginnt die Skulptur mit den Vorbeigehenden zu kommunizieren. Zuerst summt sie leise und ihre schöne Stimme wird zur Quelle der Freude. Bald beginnt sie jedoch immer lauter zu singen. Der Text des Liedes wird allmählich klarer: „Ich möchte Ihnen eine Frage stellen.“ Bewohner_innen der Stadt wissen nur zu gut, dass Fragen unangenehm sein können. Um schwierigen Themen aus dem Weg zu gehen, beschließen sie, die Skulptur zu meiden.
Karolina Breguła (* 1979) promovierte 2015 an der Filmhochschule in Łódź . Sie arbeitet jedoch auch in den Bereichen Fotografie, Installation und Happening. Ihre Filme bewohnen das Grenzgebiet der zeitgenössischen Kunst und des Kinos – sie werden sowohl in Kunstgalerien als auch auf Filmfestivals gezeigt. Ihre Arbeiten wurden in Warschau, London, New York und Venedig ausgestellt. Breguła wurde mit mehreren internationalen Preisen ausgezeichnet. Sie lebt und arbeitet in Warschau.
© Karolina Bregula, 2018
Miklós Erhardts Installation untersucht die griechische Rhetorikformel der Parrhesia, das heißt, die Wahrheit gegenüber den Mächtigen in einer Situation, in der sie eine Gefahr für die Sprecherin oder den Sprecher bedeuten kann, sich offen auszusprechen. Der Kern der Arbeit ist ein Diptychon aus zwei Videos, die zu verschiedenen Zeitpunkten und mit unterschiedlichen Absichten entstanden sind. Das eine ist ein Auszug aus einem Dokumentarfilm von István Dárdayaus dem Jahr 1975, in dem ein junger Arbeiter über die verlorenen Chancen seines Lebens monologisiert. Das andere ist aus 2018 ein Wort-für-Wort-reenactment
dieses Monologs, ein Versuch, sich seine ungezügelte Aufrichtigkeit „anzueignen“. In der Installation kommentieren weitere, lose miteinander verbundene Elemente bestimmte Aspekte der Parrhesia in Zusammenhang mit zeitgenössischer Kultur und Politik
Miklós Erhardt (*1966 in Budapest) reflektiert in seinen Arbeiten soziale, politische und ökonomische Themen mittels interventionistischer und dokumentarischer Methoden. Dabei hinterfragt der Künstler u.a. Handlungsspielraum und Gültigkeit künstlerischer Interventionen in „schwierigen“ sozialen Milieus. Auch arbeitet er in kollaborativen Zusammenhängen, so war er z.B. von 1998-2006 Mitglied der KünsterInnegruppe „Big Hope“. Er lebt und arbeitet in Budapest.
http://www.bighope.hu/insideout/ | http://www.bighope.hu/reroute/
© Miklós Erhardt, 2018
In ihrer Installation skizziert Lena Lapschina eine Parabel von der Freiheit. Junge Frauen aus dem nördlichen Korea finden sich ebenso selbstverständlich wie schnelldrehende Einkaufstaschen aus Niederösterreich in der Sammlung der Versatzstücke, mit denen die österreichische Künstlerin die partizipatorisch involvierten Betrachter_innen anleitet, für sich die Gültigkeit abgenutzter Klischees zu überprüfen.
Lena Lapschina wurde in Kurgan, Sibirien geboren. Ihre Arbeit umfasst verschiedene Disziplinen, einschließlich Video, Skulptur und Installation. Seit ihrem Abschluss an der State Stroganow Universität für bildende und angewandte Kunst in Moskau, wurde ihre Arbeit auf der ganzen Welt gezeigt, von den Niederlanden, Belgien, Italien, Litauen, Rumänien und Russland bis nach New York, Vietnam und Syrien. Lapschina wurde 2011 mit einem österreichischen Staatsstipendium für Video- und Medienkunst ausgezeichnet. Sie lebt und arbeitet in Wien und Niederösterreich.
Die politischen Lager driften weltweit immer stärker auseinander, „Linke“ und „Rechte“ verstehen sich kaum noch.
Der Moralpsychologe Jonathan Haidt hat mit seinem Buch „The Righteous Mind“ drei Thesen formuliert. Erstens: Die Emotionen entscheiden, nicht die Vernunft. Zweitens: Der Verstand funktioniert wie eine Zunge mit sechs Geschmacksrichtungen: Fürsorge, Fairness, Loyalität, Autorität, Reinheit/Heiligkeit und Freiheit. Links gesinnte Menschen reagieren in der Regel nur auf die ersten beiden, Konservative auf alle. Drittens: Durch die Moral verbünden sich Menschen zu ideologischen und religiösen Stämmen, die sich wiederum von anderen Stämmen abgrenzen. Gleichzeitig verhindert Moral, dass man Andersdenkenden zuhört oder sie ernstnimmt. Anhand von Fotocollagen, Texten und Zeichnungen setzt sich das Projekt „Der gerechte Verstand“ mit diesen drei Thesen auseinander.
Hansel Sato, geboren in Trujillo, Peru, kam 1998 mit dem Unesco-Aschberg Stipendium für Kunst nach Wien, wo er seither lebt und arbeitet. Abschluss in Malerei und Grafik an der Universidad Catolica in Lima und an der Akademie der Bildenden Künste. Seine Künstlerische Arbeit umfasst gegenständliche Malerei, Comic, Zeichnung und Kunstinterventionen im öffentlichen Raum, die im Kontext der postkolonialen Theorien stehen. Er ist Ko-leiter des Wiener Kunstfestivals SOHO in Ottakring und Senior Lecturer am Institut für das künstlerische Lehramt (IKL) der Akademie der Bildenden Künste in Wien.
© Hansel Sato, 2019
09.10., 18 Uhr Gespräch und Rundgang durch die Ausstellung mit den Künstler_innen
18.10., & 23.10., 17.30 Uhr & 27.10., 15.30 Uhr Kuratorische Führungen durch die Ausstellung
11.10., 19 Uhr Debatte „Welche Bedeutung hat freie Meinung in der heutigen Gesellschaft?“mit Delna Antia-Tatic (das biber), Michael Fleischhacker (Addendum), Nina Horaczek (Falter). Moderation: Michael Kerbler (Kombinat3)
23.10., 19 Uhr Freedom of Expression und Hate Speech – Spurensuche in der städtischen Demokratie.
Hansel Sato im Gespräch mit der Anthropologin Danila Mayer zum EU-Projekt FreeEx.
Mit freundlicher Unterstützung von: