Festival SOHO in Ottakring
SOHOnline
“Wie meinen? Über Meinungsfreiheit und das Ringen um sie”
6. – 20. Juni 2020
Themenschwerpunkt
Wie meinen? Über Meinungsfreiheit und das Ringen um sie
On Free Speech and Struggles Around it
Wenn Stimmen laut werden, die Demokratie „satt“ haben, weil die Vielfalt und die freie Meinungsäußerung der „falschen“ Leute lästig sind, dann wollen sie die Gesellschaft spalten und darüber bestimmen, wer nun auf der „richtigen“ Seite am „richtigen“ Fuß im „richtigen“ Gewand steht.
Welche Demokratie ist gemeint, über die so viel gesprochen wird? Ist es der freie Konsum? Freie Fahrt für freie Bürger_innen? Freiheit der Kunst?
Eine der wichtigsten Grundlagen in einer Demokratie ist die Meinungs- und Versammlungsfreiheit. In Österreich ist die Meinungsfreiheit in der Verfassung festgeschrieben und sie ist ein wichtiger Teil der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte.
Dort steht: „Jeder Mensch hat das Recht auf freie Meinungsäußerung; dieses Recht umfasst die Freiheit, Meinungen unangefochten anzuhängen und Informationen und Ideen mit allen Verständigungsmitteln ohne Rücksicht auf Grenzen zu suchen, zu empfangen und zu verbreiten.“ (Art. 19 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte). Die Medien können frei entscheiden, worüber sie berichten.[1] Ohne freien Austausch von Meinungen und Argumenten unter Bürgerinnen und Bürgern kann keine ausreichende Meinungsbildung stattfinden.
Aber was bedeutet Freiheit in der Medienlandschaft, wie werden Informationen aufbereitet und wen erreichen welche Nachrichten? Ist unsere Meinung in einer Welt der Online-Medien und Online-Netzwerken, in der Algorithmen bestimmen, welche Medien uns direkt erreichen, noch frei?
Trickreich kann Demokratie ausgehöhlt und nationalstaatlich ausgelegt werden. Um Wachsamkeit nicht zu verlieren, bedarf es nicht nur einer kritischen Medienlandschaft, sondern auch einer Auseinandersetzung mit anders denkenden Menschen. Warum ist das wichtig? Zuhören und Zusammenhänge besser verstehen ist das Eine, verschiedene Sichtweisen, die immer auch mit unterschiedlichen Lebensrealitäten in Zusammenhang stehen, kennenzulernen und nicht nur das: darüber zu streiten, ist das Andere. Wir nennen das lebendige Demokratie.
Lebt sie nicht, verstummen die Stimmen oder werden zum Verstummen gebracht. Eine grundlegende Bejahung von Vielfalt und das Tolerieren von anders Denkenden gehen verloren.
In welchen Zusammenhängen Menschen auch leben, benötigt eine Gesellschaft ein Wir-Gefühl. Dieses Wir-Gefühl kann auf emotionaler Ebene manipuliert werden, so dass Halbwahrheiten, Fehlinformationen, Hassbotschaften konstruiert und schleichend akzeptiert werden. Sich andere Lebenswelten vorzustellen und sich auch damit auseinanderzusetzen ist aber ebenso wichtig wie eigene Interessen vertreten zu sehen.
Wer darf nun an der Gestaltung der Zukunft mitwirken? Kann die Grundidee eines Vereinten Europas des Friedens und der Stabilität nach den einschneidenden Auswirkungen von COVID-19 gestärkt werden?
Nationalstaatliche Auslegungen von Demokratie, Abschottung und Rückzug von gemeinsamen Werten der Menschenrechtskonventionen sollen nicht Einzug halten. Im aktiven, auch internationalen kulturellen Austausch und durch starke zivile Teilhabe kann das demokratische Bewusstsein – gerade auch auf der Mikroebene – intensiviert und gefördert werden.
Festival SOHO in Ottakring – SOHOnline
Aufgrund des COVID-19-Maßnahmengesetzes der Österreichischen Bundesregierung[1] dürfen im Juni 2020 keine öffentlichen Veranstaltungen stattfinden. Das betrifft auch unser Festival.
Das Programm des ursprünglichen Festivals finden Sie hier: Urspüngliches Programm SOHO Festival 2020
Seit den immensen, auch demokratiepolitischen Auswirkungen und unabsehbaren Folgen durch COVID-19 erscheint es uns umso dringlicher, mit unserem Themenschwerpunkt “Wie meinen? Über Meinungsfreiheit und das Ringen um sie” in Zusammenhang mit den vielen offenen Fragen, die über den Zustand der Demokratie gestellt werden müssen, einen künstlerischen und diskursiven Beitrag zu leisten.
Im Herbst 2019 haben wir 14 Künstler_innen – einzeln oder im Kollektiv – eingeladen, themenbezogene Arbeiten in unterschiedlichen, spannenden Kontexten zu entwickeln und sie während des Festivals im Rahmen einer Ausstellung im Alten Kino und im Alten Museum des Sandleitenhofs zu zeigen.
Alternativ werden die Arbeiten nun in einem Online-Format präsentiert. Während des Festivalzeitraums wird auf unserer Website täglich eine neue Arbeit zu sehen sein.
Kooperationen
Mit dem Fachbereich Kunst und Bildung am Institut für das künstlerische Lehramt der Akademie der bildenden Künste Wien findet am 18. Juni über Zoom eine internationale Online-Tagung zum Thema „In Sorge um die Meinungsfreiheit – in Zeiten von Populismus, Pandemismus, und Klimakollaps“ statt. Leitung: Elke Krasny und Hansel Sato
Ebenso wird online eine Debatte über Meinungsfreiheit in Kooperation mit dem Bruno Kreisky Forum präsentiert. Moderation: Robert Misik
Weitere Kooperationen sind im Sandleitenhof produzierte Videos von Studierenden der Medientheorie an der Universität für Angewandte Kunst Wien unter Leitung von Gerda Lampalzer-Oppermann und eine Performance mit Studierenden von “Performance and urban matters”, ebenfalls an der Universität für Angewandte Kunst Wien.
Nachsatz
Der Künstler Hans a. Blast wird im Rahmen seines Projekts “Der Volksmund” mit einer Skulptur aus Holz vor dem Alten Kino im Sandleitenhof auch vor Ort sein und Passant_innen um ihre Meinung bitten. Ergebnisse seines Projekts werden auch online gezeigt.
Der Musiker Joshua Korn bat uns, anlässlich des Ablebens seiner hoch geschätzten und langjährigen musikalischen Partnerin Elinor Mora ein Wohnzimmerkonzert, welches ihr gewidmet ist, online zu präsentieren.
Künstler_innen und Mitwirkende
Hans a. Blast
Construction Choir Collective mit Daniel Aschwanden, Pavel Naydenov, netzzeit und Nava Hemyari
Delphine Hsini Mei, Special Guest aus Taiwan
Martha-Cecilia Dietrich
Mehmet Emir
Josh Fur
Lena Rosa Händle
Robert Misik und Gäste
Sophie Utikal
Borjana Ventzislavova
Christina Werner
Peruanischer Künstler_innen in Zusammenarbeit: Imayna Caceres, Eliana Otta, Alfredo Ledesma Quintana und Hansel Sato
Elke Krasny, Hansel Sato und Studierende der Akademie der Bildenden Künste
Studierende der Universität für angewandte Kunst unter Betreuung von Daniel Aschwanden
Studierende der Universität für angewandte Kunst – Abteilung Medientheorie unter Leitung von Prof. Dr. Gerda Lampalzer-Oppermann
Studierende der Universität für angewandte Kunst – Abteilung Medientheorie unter Leitung von Dr. Gerda Lampalzer-Oppermann
Teilnehmer_innen der Kunst Werkstatt von KOMM unter künstlerischer Leitung von Edgar Lliuya und der Betreuung von Renate Bender und Raphaela Voytischek
Mitglieder der Gruppe Kreativer Tanz aus dem Tanzstudio von Ich bin O.K.. unter künstlerischer Leitung von Edgar Lliuya
Robert Misik und Gäste: Oliver Ressler, Gerhild Steinbuch, Ruth Wodak
DANK
Unserer besonderer Dank gilt allen zum Festival eingeladenen Künstler_innen und Mitwirkenden, die nun ihre Werke online präsentieren.
Wir bedanken uns aber auch bei jenen Künstler_innen und Musiker_innen für ihre Beiträge, denen wir leider aufgrund des COVID-19 Maßnahmengesetzes absagen mußten.
Wir möchten uns außerdem bei unserem langjährigen Partner prilfish bedanken, denn – was ist ein Festival ohne technischen Support im Hintergrund.
Nicht zuletzt bedanken wir uns bei unseren Subventionsgebern, Sponsoren und Partner_innen, die das Festival SOHO in Ottakring auch in dieser besonderen Situation unterstützen und möglich machen.
Wir hoffen und wünschen uns, dass die Wucht und die Härte, mit dem der ganze Kulturbereich konfrontiert ist, rasch überwunden werden kann, indem die lebendige Kunst- und Kulturlandschaft Wiens erneut erblüht!